„Soll ich ihr wirklich eine kostenlose Yogastunde geben?“
Ich muss dir ganz dringend etwas erzählen – etwas, das mich echt zum Nachdenken gebracht hat.
Ich unterrichte wirklich gerne und auch schon etwas länger Yoga und habe eine regelmäßige Klasse. Eine Bekannte sprach mich an und fragte, ob ich sie nicht kostenlos (also beitragsfrei) an der Klasse teilnehmen lassen könnte. Schließlich findet die Klasse ja auch ohne sie statt. Für sie wäre das eine tolle Gelegenheit, um gemeinsam mit mir Yoga praktizieren zu können. Sie hat die Frage echt ernst gemeint. Ich war im ersten Moment sprachlos und im zweiten dann wütend.
“Warum kommt sie eigentlich auf die Idee, dass ich kostenlos unterrichte?”
Im Rückblick ist mir diese Frage schon öfter begegnet. Warum soll eigentlich für eine Yoga-Stunde gezahlt werden? Im Yoga geht es doch darum, etwas für die Allgemeinheit zu tun und die eigenen Ansprüche und das Ego zurückzunehmen. Das war doch schon immer so und warum ist das jetzt anders?
Yoga ist nicht nur eine körperliche Praxis, sondern auch eine energetische. Jede Asana, jede Atemtechnik und auch jede Meditation beeinflussen unser ganz persönliches Energielevel. Doch dieser Energiefluss betrifft nicht nur unseren Körper und Geist, sondern auch unsere Beziehungen, unseren Beruf und sogar den finanziellen Austausch. In der yogischen Szene wird das gerne als “Energieausgleich” bezeichnet.
Sanskrit ist keine Währung – Warum meine Yogastunden Geld kosten
Es geht um die Balance von Geben und Nehmen
Im Yoga geht es um Ausgeglichenheit – nicht nur auf der Matte, sondern auch im Leben. Der persönliche Energieausgleich beschreibt, dass Geben und Nehmen im Einklang stehen sollten. Das betrifft sowohl die Energie, die wir in unsere Praxis investieren, als auch die Energie, die wir von anderen erhalten.
Wenn du als Yoga-Lehrer unterrichtest, gibst du nicht nur Wissen weiter, sondern auch Zeit, Aufmerksamkeit und emotionale Präsenz. Ein fairer Energieausgleich bedeutet, dass du für deine Arbeit auch etwas zurückbekommst – sei es in Form von Geld, Dankbarkeit oder einem anderen Wert.
Ein unausgeglichener Energiefluss kann zu Erschöpfung, Frustration oder einem Gefühl der Ausnutzung führen. Das ist wie die zwei Seiten einer Wippe
Zu viel geben, ohne etwas zu erhalten
Wenn ich ständig kostenlose Yogastunden gebe oder mich über meine Grenzen hinaus engagiere, kann es passieren, dass ich mich ausgelaugt fühle und nicht mehr gut unterrichten kann.
Zu viel nehmen, ohne zu geben
Menschen, die nur konsumieren, ohne Wertschätzung oder Ausgleich zu zeigen, stören die energetische Balance.
Die Wahrheit liegt wie immer eher in der Mitte
Ein bewusster, fairer Austausch
Wenn ich das Gefühl habe, dass meine Energie wertgeschätzt und honoriert wird – sei es durch Bezahlung, Dankbarkeit oder Gegenseitigkeit –, fühle ich mich erfüllt und motiviert.
Formen des Energieausgleichs im Yoga
Finanzieller Ausgleich
Geld ist eine Energieform, die Wertschätzung ausdrückt und dir ermöglicht, deine Praxis weiterzugeben, ohne dich selbst auszubeuten.
Tauschhandel
Falls jemand kein Geld hat, kann eine Gegenleistung (z. B. eine Dienstleistung oder ein Produkt) eine Alternative sein
Dankbarkeit oder Respekt
Wertschätzung durch Worte, Anerkennung oder Empfehlungen kann ebenfalls eine Form des Energieausgleichs sein.
Selbstfürsorge
Dein eigener Energieausgleich bedeutet auch, Pausen zu nehmen, Grenzen zu setzen und achtsam mit deiner eigenen Kraft umzugehen.
Gute Gründe für eine kostenlose Yogastunde
Es gibt mehrere Gründe, warum manche Menschen erwarten, dass Yogastunden kostenlos oder sehr günstig angeboten werden. Hier sind 7 mögliche Erklärungen:
Yoga wird als „spirituell“ und nicht als Dienstleistung gesehen
Viele verbinden Yoga mit Spiritualität, Meditation und Selbstlosigkeit. Das Konzept von Seva (selbstlosem Dienen) oder Karma Yoga (uneigennütziges Handeln) kann dazu führen, dass manche glauben, Yoga-Lehrer sollten aus reiner Hingabe unterrichten – ohne Bezahlung.
Die Vorstellung, dass Yoga „kostenlos“ sein sollte
Yoga ist ursprünglich eine Praxis, die in Ashrams oder Klöstern weitergegeben wurde – oft ohne Geldfluss, sondern auf Spendenbasis. Diese Tradition führt manchmal dazu, dass Menschen glauben, moderner Yoga-Unterricht müsse ebenfalls kostenfrei sein.
Gratisangebote im Internet beeinflussen die Wahrnehmung
Kostenlose YouTube-Videos, kostenlose Meditations-Apps und viele kostenlose Probestunden können den Eindruck erwecken, dass Yoga nichts kosten sollte. Dabei wird oft vergessen, dass diese Angebote oft durch Werbung, Sponsoren oder bezahlte Premium-Modelle finanziert werden.
Persönliche Nähe zum Lehrer („Freundschaftspreis“)
Gerade wenn die Yoga-Lehrerin eine Freundin oder Bekannte ist, kann es passieren, dass erwartet wird, eine Stunde umsonst oder stark vergünstigt zu bekommen – ähnlich wie bei anderen kreativen oder therapeutischen Berufen.
Eigene finanzielle Situation
Manche möchten wirklich gerne Yoga praktizieren, haben aber nur begrenzte finanzielle Mittel. In solchen Fällen kann ein alternativer Energieausgleich wie Tauschhandel oder Spendenbasis eine Möglichkeit sein.
Fehlender Bewusstseinswandel bei spirituellen Berufen
In vielen Bereichen (Therapie, Coaching, Kunst, Musik) wird immer noch erwartet, dass Menschen aus „Leidenschaft“ arbeiten und deshalb weniger Wert auf Bezahlung legen. Dabei wird oft übersehen, dass auch Yoga-Lehrerinnen Miete zahlen und leben müssen.
Fehlende Wertschätzung für die Arbeit der Lehrerin
Ein professioneller Yoga-Unterricht erfordert eine fundierte Ausbildung, Erfahrung und Vorbereitung. Manche unterschätzen den Aufwand, die Kosten für Fortbildungen oder die Zeit, die in eine gute Stunde investiert wird.
Gute Gründe für eine kostenpflichtige Yogastunde
Hier sind 7 ehrliche Gründe, warum es vollkommen okay – und sogar wichtig – ist, dass Yogastunden Geld kosten.
Meine Ausbildung hat viel Zeit und Geld gekostet
Ich habe in den vergangenen Jahren mehrere Yoga-Ausbildungen absolviert. Das ist eine Investition gewesen – in Wissen, Erfahrung und meine persönliche Entwicklung. Meine Expertise darf auch finanziell anerkannt werden.
Vorbereitung ist Arbeit
Ich versuche jede Stunde zu planen – suche ein Thmea heraus, die dazu passenden Asanas, entsprechende Musik, vielleicht sogar Meditation oder ein kurzer Impuls. Was wie Leichtigkeit wirkt, ist liebevoll durchdacht und dafür nehme ich mir gerne Zeit.
Yoga ist zwar mein Hobby – aber auch ein Teil meiner Arbeit Berufs
Ich unterrichte zwar Yoga, lebe aber derzeit nicht davon. Ganz einfach deshalb, weil die Bezahlung so schlecht ist, dass ich die Grenzen meiner Energie komme. Wie in jedem Beruf braucht es faire Bezahlung, damit daraus kein Burnout, sondern ein nachhaltiger Weg entsteht.
Raum, Material & Energie kosten Geld
Miete, Matten, Musik, Kerzen, Reinigung, Versicherung – auch ein achtsames Ambiente hat laufende Kosten, die gedeckt werden müssen.
Meine Zeit ist wertvoll
Als Yogalehrerin schenke ich volle Präsenz, Achtsamkeit und Energie. Das verdient nicht nur Dankbarkeit, sondern auch eine faire Vergütung.
Wertschätzung zeigt sich auch im Preis
Ein angemessener Energieausgleich hilft Teilnehmenden, die Stunde bewusst wahrzunehmen und ernst zu nehmen – es entsteht ein ganz anderer Raum als bei kostenlosen Angeboten.
Yoga wirkt – und das hat Wert
Yoga verändert Leben. Es stärkt Körper, Geist und Seele. Warum sollte etwas so Kraftvolles weniger wert sein als ein Fitness-Abo oder ein Friseurbesuch?
Fazit: Von Pranayama und gutem Karma allein kann ich nicht leben
Yoga ist für viele ein Weg zu mehr Achtsamkeit, innerer Balance und Lebensfreude. Doch sobald es ums Geld geht, wird’s oft heikel: „Darf man mit Yoga überhaupt Geld verdienen?“
Meine Antwort ist ganz klar: Ja! – und zwar aus guten Gründen. Denn auch wenn Yoga aus einer spirituellen Tradition kommt, leben wir in einer Welt, in der Miete, Ausbildung und Lebensunterhalt nun mal nicht mit Pranayama bezahlt werden können. Dankbarkeit und Wertschätzung sind eine tolle Währung für meinen Yoga-Unterricht, aber eben nicht allein.
Ich selber bin es mir wert, dass ich in Teilen von meinem Yoga-Unterricht leben kann oder mir zumindest aufgrund des Einkommens die nächste Fortbildung, das nächste Retreat oder ein cooles Yoga-Teil leisten kann. Ich liebe, was ich tue – und ich lebe ein wenig davon.
✨ Lass uns gemeinsam reflektieren
Hast du dich auch schon mal gefragt, wie viel Yoga „wert“ ist?
Teile gern deine Gedanken, Erfahrungen oder Aha-Momente in den Kommentaren – lass uns offen und ehrlich drüber sprechen. 🙏